Darf ich als Cis-Mann einen Text über das Patriarchat schreiben? Ja, leider.
Kann ich einen Text schreiben? Habe ich.
Ist der Text gut? Fragwürdig.
Lest selbst und nehmt es nicht persönlich. Der Text ist hauptsächlich ironischer Natur, darf aber auch ernst genommen werden.
Wenn ihr richtig wütend seid, schreibt mir an postmigrant@web.de
Ich kann es nachvollziehen.
Dieser Text dient einem einzigen Zweck: ich will mehr weibliche Leser. Weibliche Leser interessieren sich für Themen und Texte, die sich mit dem Patriarchat beschäftigen. Der Herrschaft des Mannes. Aber um den Mann geht es nicht, sondern um die weiblichen Leser.
In der heutigen Zeit sagen wir dazu Leserinnen oder auch alternativ: Leser*innen. Sie stellen 50 % der Gesellschaft und sind dank des Neoliberalismus ein wesentlicher Teil der Ökonomie. Sie verdienen Geld und könnten mir Geld spenden, auch wenn ich kein Spendenkonto habe. Frauen sind nett. Frauen gehen in der heutigen Zeit arbeiten, was bedeutet, dass sie sich ausbeuten lassen, nur halt eben nicht mehr von einem Mann, sondern von mehreren Männern. Dazu später, wobei eigentlich jetzt, mehr.
Leser*innen besitzen sehr häufig eine Vulva und keinen eigenen Willen. Well, that escalated quickly.
Der autonome, freie und unabhängige Wille wird Frauen am Tag ihrer Geburt genommen. Er wurde ihnen vom Patriarchat geraubt und niemals rückerstattet. Leser*innen sind von ihrer Geburt an gefangen im Patriarchat und der Großteil von ihnen hat es sich bequem gemacht. Dabei muss jedoch angemerkt werden, dass es sich alle sehr bequem gemacht haben. Aber es geht nicht um alle. Es geht um Euch: Frauen. Die es sich bequem gemacht haben, dort wo es für sie sehr unangenehm ist.
In der heutigen Zeit schreiben sich alle Menschen, besonders Frauen, das Wort Feminismus auf ihre Fahnen und T-Shirts. Im Wahlkampf spielt es keine Rolle, aber egal. Wer braucht schon Wahlkampf. Stattdessen lieber ein T-Shirt von Primark oder H&M oder C&A auf dem irgendwas mit Feminismus steht und am Montag ins Büro fahren, um vom Kollegen sexuell belästigt zu werden.
Feminist*innen, die Feminismus als Lifestyle verstehen, verstehen Feminist*innen nicht, die Feminismus als Gesellschaftswandel verstehen. Sie finden Feminist*innen zu radikal und denken, dass die Lösung des Problems Patriarchat darin bestünde, einfach sich selbst zu verwirklichen. Viel Erfolg. Spätestens an der Kaffeemaschine hört der Spaß auf. Alleine machen sie dich ein. Schon vergessen?
Alle Leser*innen sollten wütend sein, wenn sie die Einleitung des Textes lesen, weil ihnen mal wieder ein heterosexueller monogam-lebender Cis-Mann die Welt erklärt. Oder um es kurz zu machen: das Patriarchat hat gesiegt.
Es ist doch so, liebe Leserin, dass sich an jeder Ecke dieser Welt ein Mann findet.
Der...
...sich für Frauen einsetzt, auch wenn keine Frau um Hilfe gefragt hat. ...Frauen belästigt, anfässt, misshandelt oder vergewaltigt. ...die Meinungshoheit besitzt und dem jede*r zuhört. ...Frauen korrigiert oder ins Wort fällt. ...seine Privilegien nicht erkennt und ausbaut. ...das Sagen hat.
Die Fallzahl steigt, je weißer das Umfeld wird. Das schlimme ist, dass es Feminist*innen gibt, die weiße Männer als weniger gefährlich und diesen Satz als kompliziert ansehen. Die Angst vor dem schwarzen Mann hält sich im kollektiven Gedächtnis der weißen Mehrheit. Natürlich schützt die Hautfarbe des Mannes nicht vor Übergriffigkeit oder Unreflektiertheit. Kein aber. Eine kleine Anmerkung muss ich mir aber noch erlauben: weiße Männer können sich mehr erlauben und werden gesellschaftlich anders in ihrer Männlichkeit gelesen. Weiße Männer sind die Alphatiere im weißen Neoliberalismus des 21. Jahrhunderts. Traurig, aber wahr.
Wenn wir uns dann auch noch vor Augen führen, dass wir alles wissen und auf jede Frage eine Antwort haben, so wird es noch trauriger, wenn wir erkennen, dass es für das Patriarchat eine lange Zukunft geben wird.
Was ist dieses Patriarchat? Eingangs meinte ich: Herrschaft des Mannes. Aber es ist noch viel schlimmer.
Das Patriarchat ist die Herrschaft des Mannes über die Frau und andere Männer, die ärmer, schwärzer, weiblicher oder schwuler sind. Männer, die Gefühle haben, werden auch beherrscht.
Das Patriarchat = Herrschaftssystem | Gesellschaft | Lebensmodell | Alles.
Männer erhalten in unserer Gesellschaft einfach mehr von allem.
Geld. Logisch, weil im Kapitalismus alles in Geld bewertet und gehandelt wird und Männer einfach mehr wert sind. Logisch. Warum bin ich nicht darauf gekommen?
Aufmerksamkeit, weil Männer einfach witziger, cooler, intelligenter und lauter sind.
Lob, weil Männer einfach besser, schneller, stärker und sozialer sind, wenn sie mal sozial sind. Wow, so ein toller Typ, wie er der alten Dame aus dem Bus geholfen hat.
Das Patriarchat hat gesiegt.
Also für alle nochmal: Patriarchat heißt, dass Männer, also Menschen mit Penissen, das Sagen haben. Wir, also viele Ichs mit Penissen, können die Welt erklären ohne Angst vor Ächtung zu haben. Besonders weiße Männer müssen keine Angst vor Ächtung haben. Sie können eigentlich immer, alles, überall, so laut und deutlich sagen, wie sie möchten.
Sie haben das Sagen.
Das Patriarchat hat gesiegt.
Patriarchat heißt: Leistung zu erbringen und sich beherrschen zu lassen. Beherrscht und unterdrückt zu werden. Unterwerfung und sich unterwerfen zu lassen. Machtkonzentration bei Wenigen. Und Kapitalismus. Immer der Kapitalismus. Überall. Merkwürdig.
Frauen stützen aktiv das Patriarchat. Beispielsweise durch den Kauf von Hygieneprodukten oder durch eine Ehe oder den Wunsch zu heiraten oder weil sie Kinder wollen oder nicht. Die Frauen sind schuld. Immer.
Damit sind wir bereits, nach über 800 Wörtern, an der wesentlichen Mitteilung dieses Texte angelangt. Im Patriarchat sind Frauen schuld am Patriarchat und an allem anderen auch. Und das Ganze ist ironisch gemeint. Glaubt mir kein Mensch, besonders keine Feminist*in.
Wisst ihr, dass es noch dramatischer wird, wenn Frauen ihren Mund aufmachen? Warum diskutieren diese Frauen denn immer? Kann die Frau nicht einfach ruhig sein? Aus der Perspektive vieler Männer sollte die Frau ihren Mund nur aus Gründen der männlichen Befriedigung und Befriedung öffnen. Wenn überhaupt.
Wenn ihr das schon abartig fandet, lest bitte weiter. So reden viele Männer und ich möchte Euch das nicht vorenthalten, liebe Leser*innen.
Der Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau und Mann und Mann oder anderen Konstellationen männlicher Beteiligung am sogenannten Liebesakt, ist immer eine Form der körperlichen Grenzüberschreitung. Bitte versteht mich nicht falsch, liebe Leser*innen (Männer ausgeklammert), aber jeder sexuelle Akt mit einem Mann kommt im Patriarchat einer Vergewaltigung gleich. Glaubt mir, wenn ich sage, dass ich das nicht schreiben möchte, aber etwas zwingt mich dazu und ich glaube, dass es die Wahrheit ist. Warum? Weil ich ein Mann bin. Das Patriarchat hat gesiegt.
Als Mann habe ich Einblicke in die Gedankenwelt und nicht-an-Frauen-angepasste Gesprächskultur von Männern. Männer sind, um das klar und deutlich zu sagen, absolut perverse und lustgetriebene Wesen, denen es in einer Beziehung zu einer Frau immer um Macht, Unterwerfung und Unterdrückung geht. Männer wollen Frauen dominieren und kontrollieren. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen dem ein oder anderen, aber im großen Ganzen sind sie wirklich alle gleich und wollen nur das eine. Außer mir. Ich bin super. Das Patriarchat hat gesiegt, glaubt mir.
Ich bin als Mann ein Profiteur dieser Praxis und glaubt mir, wenn ich sage, dass es Männern um nichts anderes geht als Euch zu “lieben“ in Form von Einladungen, Geschenken, Worten, Unterwerfung und Unterdrückung. Männer können im Patriarchat nicht lieben. Nicht wirklich und wahrhaftig. Männer haben nicht mal eine echte Identität im Patriarchat. Sie haben Rollenbilder. Frauen auch, aber egal. Hier geht es um Männer. Das Patriarchat hat gesiegt.
Was heißt es eigentlich im Patriarchat als Frau befriedigt zu werden? Beim Geschlechtsverkehr geht es dem Mann niemals um Liebe, sondern bloß um seine Befriedigung. Die Befriedigung der Frau dient ihm nur. Während es dem Mann um eine innerliche Befriedung seiner selbst geht, geht es der Frau um die Erfüllung der aufgezwungen Identität. Aufgezwungen durch die Gesellschaft und damit einhergehend von Männern, weil Gesellschaft im Patriarchat = Patriarchat. Aber aufgezwungen auch und im Besonderen durch die natürlichen Grundsteine.
Eine Frau, die befriedigt wird, wird durch das Patriarchat in einen Kampf mit sich selbst geschickt. Sie beginnt ihr eigenes Geschlecht zu verachten, denn die Scham siegt über jedes Lustempfinden. Scham ist sowieso nur etwas, das Frauen haben. Männer haben Schuld. Die laden sie bei euch Frauen ab. In Form von Sperma und Kindern. Und sind dann weg oder nicht da oder unterwegs oder beschäftigt oder sind sich unsicher oder was auch immer. Sie dürfen das. Ihr nicht. Ihr habt euch zu schämen.
Egal wie sich die Frau im Kampf mit sich selbst verhält, ob sie sich für oder gegen einen Mann entscheidet, ob sie einen Kinderwunsch in sich trägt oder nicht, ob sie sich für den Beruf oder die Familie entscheidet, ob sie einen modernen Mann findet, der die Kinder miterziehen möchte oder einen, der sie so nimmt wie sie ist, ob sie ihn in sich lässt oder nicht, ob sie sich damit abfindet oder nicht, ob sie etwas anspricht oder nicht, ob sie Feminist*in ist oder nicht: das Patriarchat hat gesiegt und sie selbst ist schuld.
Denn in dem Moment, in dem die Frau auf die Welt gezwungen wird, begeht sie einen Fehler. Obwohl sie nichts dafürkann.
Deshalb widme ich mich nun der eigentlichen Zielgruppe dieses Textes.
Liebe Männer,
ihr habt Macht. Gebt mal ordentlich was ab. Frauen kämpfen seit Jahrzehnten und ihr bewegt euch paar Zentimeter. Was es bedeutet etwas abzugeben? Ihr denkt wahrscheinlich an das Geld in euren Taschen. Typisch Kapitalismus. So vorhersehbar und langweilig inzwischen. Nein, ich meine nicht das Geld, sondern: haltet einfach mal den Mund, ohne das euch jemand anderes darauf hinweisen muss. Ihr müsst keinen Sex wollen. Und wenn ihr ihn wollt, muss euer Gegenüber es nicht wollen. Betrifft alle Geschlechter, aber egal. Konkrete Handlungsmöglichkeiten sind außerdem: boykottiert den Leistungsgedanken und bleibt Zuhause. Macht die Wäsche, kocht und pflegt Eure Eltern. Nicht ausnahmsweise, sondern immer. Kümmert Euch um andere und nehmt Rücksicht aufeinander. Lasst Euch einladen und die Tür offenhalten. Es gibt viele Männer, die das als unmännlich ansehen sich von Frauen einladen zu lassen. Wie dumm kann Mann sein? Sehr. Interveniert, wenn Euch ein Mann oder eine Frau fördern möchte und bewegt sie dazu, stattdessen eine Frau zu fördern. Sagt nein zum Beruf für Familie, Kinder, Eltern, Freizeit, psychische Gesundheit und hört nicht auf das Patriarchat, das euch sagt, wie ihr sein sollt.
Liebe Männer,
seid offen für Kritik, reflektiert Euch selbst und bitte, um Gottes (den es nicht gibt) Willen, bitte!
Schreibt keine Texte wie diesen hier.
Weil sonst das Patriarchat gesiegt hat. Über Euch. Mal wieder.
Comments